Die Sprache in der Welt
Bevor ihr etwas so Komplexes wie eine Sprache für eure Welt erstellt, solltet ihr euch ein paar Gedanken machen – damit ihr euch nicht nachher zu viel Arbeit gemacht habt. Denn glaubt mir, dass wird es sowieso sein
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Was muss eure Sprache können? Von wem wird sie verwendet? Von allen, nur in Ritualen oder für Magie? Ist es eine militärische Sprache?
Das kann euch zum Beispiel dabei helfen, euer Vokabular zu gestalten und auch die Klangfarbe (eine militärische Sprache sollte man z.B. gut brüllen können, eine Sprache für Magie darf ruhig etwas malerischer klingen) -
Gibt es einen kulturellen oder historischen Hintergrund für eure Sprache?
Ich gebe euch mal ein Beispiel aus meiner eigenen Sprache: Sie wurde von einem König konstruiert, nachdem er die alte Monarchin abgesetzt hatte. Er wollte, dass diese neue Sprache zu 100% anders klingt und anders funktioniert als die Sprache der Monarchin. -
Wollt ihr eine komplette Sprache erfinden oder braucht ihr „nur“ ein paar Wörter und Ausdrücke?
In einem Projekt brauche ich zum Beispiel nur vereinzelte Worte. Da habe ich mir nicht einmal groß Mühe mit der Grammatik gegeben, weil sie im Universum der Geschichte verloren gegangen ist. Denkt dran: Nicht mehr Arbeit, als unbedingt sein muss!
Nun aber zur Sache …
Um das ganze etwas weniger trocken zu gestalten, werde ich euch immer ein paar Beispiele aus der Sprache geben, die ich für meinen Uni-Kurs entwickelt habe.
Weiter oben habe ich von Klangfarbe gesprochen. Meine Sprache ist eher militärisch angehaucht und wird vor allem dort, oder am Hof des Königs gesprochen. Sie soll absichtlich sehr rau, kantig und hart klingen.
Wie erreiche ich das?
Indem ich die Laute dementsprechend auswähle. Also harte Konsonanten, Verzicht auf Zischlaute und alle Formen von w, f, v etc. (sogenannte Frikative).
Falls ihr keinen bestimmten Kontext habt, überlegt euch, welche Laute euch besonders gut gefallen. Ernsthaft, der Linguist, der z.B. die Sprachen für Game of Thrones entwickelt hat, meinte mal, er umgehe manche Laute, weil er sie total doof findet.
Macht euch hier am besten eine Liste mit deren Hilfe ihr dann …
…Wörter bilden könnt! Das A und O eurer Sprache, logischerweise. Jetzt kramen mal alle wieder ihr Deutschwissen aus der Mittelstufe hervor und denken über Wortklassen nach …
Meine Sprache hat zum Beispiel fast nur Nomen, Verben, Adjektive, Pronomen und Artikel. Die meisten modernen Wissenschaftler meiner Welt denken sogar, dass nur Nomen und Verben wirklich nötig sind (aber lasst das nicht den König hören, ganz mieses Temperament).
Jetzt kommen wir auch schon zu dem Teil, der fast am meisten Arbeit macht und bei dem man wirklich nicht aus der Ruhe geraten darf, wenn man merkt: Mist, das passt alles vorne und hinten nicht. Denkt dran, dass Sprache nicht regelmäßig ist. Außerdem, ihr erschafft diese Sprache, ihr stellt die Regeln auf, ihr dürft sie brechen.
Wir gucken uns jetzt mal drei meiner Meinung nach sehr wichtige Wortklassen an: Nomen, Verben und Adjektive.
Nomen: Nomen und ihre Geschlechter im Deutschen treiben jeden, der die Sprache lernen möchte, regelmäßig zur Verzweiflung. Wenn ihr das also für vollkommen überflüssig haltet: Verzichtet auf Geschlechter. Dann braucht ihr nur eine einzige Endung für eure Nomen.
Falls nicht … Ihr könnt das System im Deutschen übernehmen (also, wie ihr lustig seid ) oder ein eigenes oder eines aus einer anderen Sprache … Es gibt in einigen Sprachen auch Unterschiede zwischen „belebt“ und „unbelebt“. Je nachdem, wie viele Geschlechter ihr festlegt, braucht ihr auch dementsprechend eigene Endungen. Dazu solltet ihr euch noch überlegen, ob es einen Singular und einen Plural in eurer Sprache geben soll.
Hier mal an meiner Sprache ein Beispiel:
Singular/Plural
Belebt maskulin: r mar (= der Prinz) / rr marr
Belebt feminin: t kat (= die Dame) / t kat
Belebt anders: p krop (= das Pferd) / p krop
Unbelebt: rt nort (= das Geschenk) / rt nort
Wer es gerne noch etwas komplizierter mag:
Gibt es Kasus-Formen in eurer Welt? Wenn ja, wie werden diese gebildet?
Verben: Das sind ziemliche Biester. Einige Sprachen haben Gruppen von Verben, je nach ihrer Endung. Deutsch hat starke und schwache Verben. Dann gibt es noch drölftausend Zeiten, Passiv, Aktiv … Ihr seht, hier könnt ihr euch über eine ganze Menge Sachen Gedanken machen. Was aber auf jeden Fall sinnvoll ist:
Wie werden eure Verben konjugiert? Findet hier am besten eine Regel, die ihr einfach auf jedes Wort anwenden könnt, das ihr erfinden werdet!
Gibt es unregelmäßige Verben?
Wie könnten verschiedene Zeiten aussehen?
Adjektive: Schaut euch hier vielleicht nochmal das an, was ihr euch für eure Nomen überlegt habt. In der Regel werden Adjektive nämlich an diese angepasst, sodass klar ist, zu welchem Wort sie gehören.
Das heißt, ihr könnt euer Geschlechter-System für eure Adjektive übernehmen.
Bei mir sieht das so aus:
Belebt männlich: to-ar
Belebt weiblich: to-at
Belebt anders: to-ap
Unbelebt: to-a
(Singular und Plural sind identisch)
Für Profis:
Gibt es verschiedene Arten von Adjektiven?
Gibt es eine Möglichkeit, Adjektive zu steigern?
Bis jetzt haben wir also:
- einen kulturellen Hintergrund
- Sinn (oder Unsinn) unserer Sprache
- ein Lautinventar
- Bildung von Wortklassen
Das ist schon mal eine ganze Menge. Aber irgendwie fehlt ja noch was … Oh. Ja. Wörter!
Legt euch eine neue Liste an, neben die ihr eure Notizen legt. Fangt am besten an euch zu überlegen, auf Deutsch (oder einer (Mutter-)Sprache eurer Wahl), welche Wörter ihr für den Start braucht. Also ein Grundstück an Wörtern der Wortklassen, die ihr euch vorher überlegt habt (z.B. zehn Nomen, zehn Verben, zehn Adjektive).
Theoretisch gesehen müsst ihr jetzt nur noch euer Lautinventar mit den Endungen der jeweiligen Wortklasse kombinieren Verwandte Wörter können ruhig ähnlich klingen. Hier könnt ihr so kreativ und verrückt sein und mit Sonderzeichen arbeiten, wie ihr lustig seid. Denkt aber daran, dass zumindest ihr in der Lage sein solltet, eure Sprache auszusprechen (oder ist es vielleicht nur eine geschrieben Sprache, die niemand aussprechen soll? Auch ein spannendes Konzept …).
…Nein, wir sind immer noch nicht fertig. Aber fast, versprochen.
Ihr habt jetzt einzelne Wörter. Yay, sehr gut!
Als nächstes kommen dann ganze Sätze. Der Satzbau unterscheidet sich zum Teil dramatisch zwischen Sprachen, die Lateiner waren sich nicht mal einheitlich in ihrer Sprache einig … Also theoretisch gesehen könnt ihr auch das bauen, wie ihr möchtet. Ein klassischer Satzbau, den ihr bestimmt im Englischunterricht tausend Mal gehört habt, ist aber:
Subjekt – Verb – Objekt (SVO).
Im Deutschen kann man das aber auch durcheinanderwürfeln. Und von Fragesätzen wollen wir hier gar nicht erst anfangen … Oder doch?
Zusammenfassung:
- Kultureller Hintergrund, wenn er wichtig ist für eure Sprache.
- In was für Kontexten wird eure Sprache gesprochen und erfordert das ganz bestimmte Vokabeln oder Regeln?
- Welche Laute kommen (häufig) in eurer Sprache vor?
- Welche Wortklassen gibt es und wie werden diese gebildet?
- Kombiniert 3. und 4. und erhaltet ein Lexikon!
- Wie sehen eure Sätze aus? Gibt es eine vorgeschrieben Reihenfolge, unterscheiden sich Fragesätze von Aussagesätzen?
Und hier mal ein Gedicht, das ich in meiner erfundenen Sprache geschrieben habe:
Tart-nirt-tart nirt-och.
Tart-nirt-kar-irt trirt-och.
Kar ripart-och
on prirt-krart-och.
Tarar
mornkan
parnan prt-kirt.
Für alle, die immer noch nicht genug haben: Ich kann euch sehr gerne die Checkliste meiner Dozentin schicken. Aber Achtung, die ist auf Englisch und sehr linguistisch, mit einer Menge Fachbegriffe gespickt. Falls ihr Interesse habt: Schreibt mir