Ich atme tief ein und blättere durch das Buch. Es ist vorbei, Lorrain. Vergangen. Du kannst es nicht mehr ändern. Zwischen den Seiten stecken zwei kleinere Blätter. Die Portraits, die ich von Deliah und ihrer Familie gezeichnet habe, mit einem Graphitstift auf dem Papier, das meine Mutter mir hinterlassen hat. Ich nehme eins der Blätter zur Hand. Deliah blickt mir entgegen, so traurig, wie ich sie gekannt habe. Traurig, aber unbeugsam. Als ich das Bild gezeichnet habe, war mir nicht klar, wie verzweifelt sie gewesen ist. Trotzdem, Spuren davon kann ich in ihrem Gesicht entdecken. Sie machen ihre Züge härter, als es für ein 14-jähriges Mädchen gut ist.
Ihr dunkles Haar ist im Nacken zu einem Knoten geschlungen, ihre Augen sehen mich gedankenvoll an. Der Blick greift mir ins Herz und holt all die Gefühle hervor, die ich so sorgfältig darin vergraben habe. In den letzten Monaten mit Sol gelang es mir immer öfter, nicht an Deliah zu denken. Und seit ich von dem Kind weiß, von meinem Kind, das Sol trägt, habe ich tatsächlich wieder Zuversicht gefunden. Dass das Leben trotz allem weitergeht. Dass es ein Leben ohne Deliah gibt.
Auf dem Bild ist ihr Mund verkniffen und traurig. Ich habe sie nie mit einem Lächeln im Gesicht gesehen. Wie hätte ich sie also lächelnd zeichnen können?
Ich wünschte, ich hätte sie zu einem anderen Zeitpunkt getroffen.
Probier' dich aus. Nur so weißt du, was in dir steckt.